Lüdersfeld (SHG) Die Niedersächsische Jugendfeuerwehr e.V. (NJF) hat erkannt, wie wichtig es ist, sich mit der Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu beschäftigen. Was vor einem Jahr mit einer Auftaktveranstaltung in Celle begann, nimmt seit dem Sommer zunehmend konkretere Formen an.
Auf Initiative von Herrn Jens Jeitner (Niedersächsisches Ministerium für Inneres, Sport und Integration) ist ein Projekt entstanden, welches die NJF in die Lage versetzen soll, sich dem Themenfeld Integration langanhaltend widmen zu können.

Im Rahmen eines mehrtätigen Pilot-Seminars wurden vom 13.11. bis zum 15.11.2009 erste Multiplikatoren in „interkulturelle Kompetenz und Umgang mit Diversität (Vielfalt) in der Jugendfeuerwehr“ geschult.

Als Referent konnte Dr. Mohammad Heidari gewonnen werden, der als Gründer der interkulturellen Bildungsinitiative „Pro Dialog Köln“, kompetent durch das Seminar führte.
Neben Vertretern aus den drei Pilotregionen Bad Essen (OS), Garbsen (H) und Stolzenau (NI), nahmen zudem Funktionsträger der Jugendfeuerwehren aus den Landkreisen Celle, Nienburg, Herford (NRW) und Schaumburg teil. Unter ihnen war auch Sonja Busse, die seit Oktober den neuen Fachbereich Integration der Kreis-Jugendfeuerwehr Nienburg leitet und in dieser Funktion die erste in Niedersachsen ist.

Dr. Heidari, der gebürtiger Iraner mit deutscher Staatsbürgerschaft ist, zog alle Register des Dozenten-„Handwerks“, um die Teilnehmer an das vielschichtige Thema heranzuführen. Neben Vorträgen stellten Gruppenarbeiten und Rollenspiele gepaart mit Fallbeispielen eine gute Grundlage für einen hohen Lernerfolg dar.
Er hob dabei hervor, dass, betrachtet bis zur 2. Generation, in Deutschland circa 15 Millionen Menschen leben, die entweder Migrant/in sind oder eine Zuwanderungsgeschichte haben.
Betrachte man die Historie bis zur 3. Generation, so erhöhe sich die Anzahl sogar auf circa 21 Millionen Mitmenschen.
Als Migrant/in zähle normalerweise bereits, wer von einem zum anderen Wohnort umziehe.
Die gebräuchliche Begriffsbestimmung verstehe allerdings darunter die Menschen, die grenzübergreifend ihren Wohnort gewechselt haben.

Im Rahmen einer Gruppenarbeit wurde schnell klar, dass die Jugendfeuerwehren im Grunde offen für alle Menschen sind. Dabei ist es egal, welche ethnische Herkunft, Hautfarbe, Sprache und Religion vorliege oder ob ein Migrationshintergrund vorhanden sei.
Die Betreuer in der aktiven Arbeit mit Kindern und Jugendlichen benötigen allerdings Kenntnisse über beispielsweise kulturell bedingte Begrüßungsformen, die Körpersprache oder auch Bekleidung und Basiswissen über Konfliktrisiken und die -bewältigung.
So könne bereits ein falsch ausgesprochener Name schnell als Beleidigung verstanden werden. Daher sei es hilfreich, sich über das richtige Aussprechen im Vorfeld zu informieren. Wer bei dem „mächtigen männlichen Omar“ das R verschlucke, mache aus diesem schnell eine „gebrechliche weibliche Oma“.

„Ist es gelungen“, so Dr. Heidari, „Kinder oder Jugendliche mit Migrationshintergrund an die Jugendfeuerwehr heranzuführen, so sind die Betreuer gut beraten, wenn sie sich und die Mitglieder mit der Herkunft und den kulturell bedingten Besonderheiten vertraut machen. Dies reduziere mögliche Konflikte maßgeblich und sei für eine reibungslose Mitgliedschaft förderlich.“
Dabei stellte er heraus, dass eine Mitgliedschaft beispielsweise in der Jugendfeuerwehr für Migranten die Chance auf eine Ausbildungsstelle um bis zu 50% erhöhe und vor Verwahrlosung sowie Depression schützen könne. Gleiches gelte auch für erwachsene Migranten bezogen auf zum Beispiel die Feuerwehr im Hinblick auf den Arbeitsplatz und das Wohlbefinden.

„Die Jugendfeuerwehren bieten ein großes Potential für eine Integration von Kindern und Jugendlichen“ betonte Dr. Heidari „und in Zeiten rückläufiger Mitgliederzahlen ist die Integration auch eine Chance für diese Jugendorganisation.“

Das Seminar hat die Teilnehmer fitter gemacht, die NJF und die Jugendfeuerwehren auf dem Weg der integrativen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu begleiten. Dieses soll daher Bestandteil für den künftigen Projektverlauf sein und weitere Funktionsträger qualifizieren.
Ein Arbeitskreis wird in den nächsten Monaten mit professioneller Unterstützung Werbestrategien wie auch Handreichungen erarbeiten und so eine flächendeckende Kommunikation und hoffentlich auch Öffnung erreichen.

Folgende Personen haben an der Qualifizierung teilgenommen:
– Busse, Sonja (Stolzenau, NI)
– Hückelhofen, Steven (Garbsen, H)
– Jösting, Dominik (Bad Essen, OS)
– Kauroff, Rüdiger (Garbsen, H)
– Kenneweg, Wolfgang (Vlotho, HF in NRW)
– Klausing, Julia (OS)
– Kühte, Yannick (Bad Essen, OS)
– Kühte, Uwe (Bad Essen, OS)
– Schiller, Detlef (Husum, NI)
– Töteberg, Helmut (Wietze, CE)
– Witt, Oliver (Bückeburg, SHG)

Text und Fotos: Oliver Witt